Jetzt wird in Odenwälder Backstuben experimentiert. Denn Einkorn und Emmer gehören nicht gerade zum normalen Repertoire von Bäckern, Mehl aus ihren Körnern muss anders verarbeitet werden. Damit gibt es nicht viel Erfahrung, die Urgetreidearten werden kaum noch angebaut.
DARMSTADT – Die erste Ernte ist eingefahren, das Getreide zu Mehl verarbeitet. Jetzt wird in Odenwälder Backstuben experimentiert. Denn Einkorn und Emmer gehören nicht gerade zum normalen Repertoire von Bäckern, Mehl aus ihren Körnern muss anders verarbeitet werden. Damit gibt es nicht viel Erfahrung, die Urgetreidearten werden kaum noch angebaut.
Eine Initiative aus Bauern, Bäckern, Gewässerschützern und einem Müller will das ändern und hat deshalb Anfang des Jahres das Projekt Nibelungenkorn gestartet. Auf sechs Hektar haben Landwirte aus den Kreisen Darmstadt-Dieburg, Odenwald und Bergstraße Einkorn, Emmer und den bekannteren Dinkel angebaut, die Herrnmühle in Reichelsheim hat das Korn gemahlen, vier Bäckereien aus der Region verarbeiten es: Burgbäckerei Gürtler (Lindenfels), Bäckerei Horn (Fränkisch-Crumbach), Bäckerei Knapp (Gadernheim), Bäckerei Schellhaas (Groß-Bieberau).
Die Idee dahinter: Die kargen Buntsandstein- und Granitböden der Region zu nutzen, denn Urgetreide kommen damit besser zurecht als andere Agrarpflanzen, sie sind auch resistenter gegen Schädlinge und Pilze. Da für Emmer und Einkorn keine Pflanzenschutzmittel zugelassen sind (und für Dinkel nur eingeschränkt), und Glyphosat tabu ist, werden Flüsse und Bäche nicht belastet. Die Bäcker wiederum sehen in einer Regionalmarke Nibelungenkorn eine Chance, sich besser zu vermarkten.
Die Ernte von Emmer und Einkorn sei „etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben“, bilanziert Silke Reimund von der Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz und Landwirtschaft, sie hat zusammen mit Müller Rainer Feick das Projekt angestoßen. Die Erntebedingungen seien schwierig gewesen. Das feuchte Wetter ließ Gräser und Kräuter zwischen dem Getreide sprießen. Die maschinell zu entfernen wird ebenfalls erschwert, wenn die Erde matschig ist. 2,5 Tonnen Ertrag pro Hektar hätten Emmer und Einkorn jeweils erbracht, beim Dinkel seien es sechs Tonnen pro Hektar gewesen, sagt Reimund. Insgesamt „zufriedenstellend fürs erste Jahr“. Sechs Landwirte aus den drei Kreisen haben sich an dem Projekt beteiligt. Einige, die eigentlich Interesse hatten, seien abgesprungen, denn die Urkörner machen zusätzliche Arbeit. Die Lücke ist aber schon gefüllt. 2017 wollen zehn Bauern aus der Region Einkorn, Emmer und Dinkel anbauen, erzählt Reimund. Auch die Fläche wird vergrößert, von sechs auf 20 Hektar.
Was Reimund und ihre Mitstreiter besonders gefreut hat, war ein Anruf aus Bensheim. Nachdem das Projekt Nibelungenkorn bekannt geworden war, meldete sich ein Lehrer der Heinrich-Metzendorf-Berufsschule. „Er könne sich vorstellen, mit seinen Schülern Rezepte für das Urkornmehl zu entwickeln“, erinnert sich Reimund. Gesagt, getan: „Wir haben ihm Mehl gebracht, dann haben sie ausprobiert und gebacken.“ Heraus kam der Nibelungenkornlaib. Bei der Verkostung kürzlich beim Bauernmarkt in Erbach war das Brot ein voller Erfolg.
(Regine Herrmann)
Quelle:
https://www.echo-online.de/lokales/suedhessen/ruckkehr-der-urgetreide-in-sudhessen_17404118